Editorial

Redaktionsteam

Erschienen in: Ausgabe 01-2021
Rubriken: Editorial

Editorial

Hallo liebe Leser*innen!

Hier ist sie, die erste Ausgabe von Boykott – dem (pro)feministischen Magazin für Männer und für die kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit(en)!

Wir wollen in diesem Magazin mit verschiedenen Artikeln Denkanstöße geben, die ein (pro-)feministisches, herrschaftsdekonstruierendes Handeln und einen Selbstreflexionsprozess für Männer möglich machen. Das bedeutet, dass wir (cis) Männer anstoßen wollen, in die eigenen Abgründe zu blicken und das eigene gewaltvolle Handeln anzuerkennen. Und es bedeutet, dass wir die Schwierigkeiten und das Leiden von (cis) Männern in diesem Geschlechterverhältnis angucken.

Mitten im Corona-Sommer 2020, bei Wermut und stundenlangen Gesprächen kam uns, Ulla und Lukas, die Idee zu diesem Magazin. Wir beschäftigen uns beide seit vielen Jahren persönlich und zum Teil professionell mit Geschlechterverhältnissen, Patriarchat, Feminismus und Männlichkeit(en). Wir sind uns einig: Das Geschlechtersystem, in dem wir leben, ist gewaltvoll und ungerecht. So wie es gerade ist, gehört es abgeschafft! Aber wo ansetzen? Was können wir machen, um einer gleichberechtigten Gesellschaft näher zu kommen? Was tun um die kleinen alltäglichen und die ganz großen strukturellen Ungleichheiten zu beseitigen? Und braucht es dafür ein Magazin, in dem sich alles um Männer dreht?

Feminist*innen, Frauen, Trans*, Inter* und Queers streiten und kämpfen seit Langem gegen das gewaltvolle, binäre und hierarchische Geschlechterverhältnis. Und wir machen ein Magazin für Männer. Wieso?

Wir wollen Anreize geben. Zum Nachdenken. Zum Nachfühlen. Zum Bessermachen. Kein Mensch (auch kein Mann) kann die Gesamtscheiße einfach abschaffen oder verändern. Das Patriarchat nicht, das Geschlechterverhältnis nicht, den Kapitalismus nicht.

Trotzdem glauben wir daran, dass ein schöneres Leben für alle möglich ist und wir kollektive Lösungsansätze suchen müssen, auch welche, in denen das Handeln der Einzelnen zählt.

In der ersten Ausgabe schauen wir uns in einer theoretischen Annäherung an, was Männlichkeit eigentlich meint und warum wir das Konzept „toxische Männlichkeit“ problematisch finden. In den Rubriken Beziehung, Sex & Flirt und Literarisches, finden sich verschiedene Auseinandersetzungen mit Männlichkeit, Mannsein und Fragen, die uns im Miteinander, in Liebebeziehungen und Freund*innenschaften, beim Sex und beim Dating begegnen. Im Interview sprechen wir mit Iven über seine Auseinandersetzung mit Männlichkeit, Vaterschaft und Rassismus. Im Teil Medizinisches gibt es Infos zu Krebsvorsorge für Brüste und Hoden und zu sexuell übertragbaren Krankheiten. Zudem findet ihr in diesem Heft die Kolumne „Neulich in der Männergruppe“, Argumente gegen Antifeminismus und zwischendrin eingestreut Berichte über alltäglichen Sexismus. Dabei bilden wir eine Bandbreite an Haltungen und Meinungen, an Auseinandersetzungen und Fragen ab..

Uns geht es hier nicht darum, die richtigen (feministischen) Codes zu lehren, mit denen sich cis Männer dann wieder profilieren und typisch männliches Konkurrenzverhalten reproduzieren können. Wir wollen auch keine identitäre Männlichkeit heraufbeschwören, die bei Selbsterfahrungstrips im Wald Tiere jagen geht, um den wahren Kern zu entdecken. Wir wollen, dass unsere Tränen zusammen auf die Buchseiten von bell hooks und Laury Penny tropfen. Wir wollen, dass wir uns in den Armen halten und dem Patriarchat ganz mies in den Rücken fallen.

Wir wollen neugierig, zweifelnd, unterwegs scheiternd und immer wieder neu hinterfragend, aber gemeinsam und mutig vorwärts stolpern!

Eure Boykott-Redaktion

Lukas und Ulla