Männlichkeit(en) - eine Annäherung
Was ist Männlichkeit eigentlich? Warum sollen wir uns kritisch mit Männlichkeit(en) befassen?
„Mein gesellschaftliches und politisches Hauptziel heißt: Das gute Leben für alle Menschen, weltweit. (…) Es geht um ein gutes Leben für einen selbst, und ein gutes Leben für alle anderen Menschen. Und die derzeit dominanten Formen von Männlichkeit stehen diesem Ziel in ganz fundamentaler Weise im Weg.“ (Andreas Hechler im Podcast „Alles für Alle! Im Dissens mit den herrschenden Geschlechterverhältnissen“1)
In diesem Magazin geht es um Männlichkeit und darum, dass viele Formen von Männlichkeit, wie Bildungsreferent Andreas Hechler im obigen Zitat so treffend formuliert, problematisch sind. So weit, so klar. Das Bewusstsein, dass Männlichkeit schwierige Seiten hat, ist mittlerweile ja sogar in Rasierklingenwerbung angekommen.2 Aber was ist Männlichkeit eigentlich? Und was bedeutet es, sich kritisch mit Männlichkeit auseinanderzusetzen? Hier eine kleine Einführung.3
Männlichkeit – was ist das?
Männlichkeit kann auf unterschiedlichen Ebenen betrachtet werden, die zwar zusammenhängen, aber nicht identisch sind. Männlichkeit ist:
- eine Position in einem hierarchischen und binären Geschlechtersystem,
- Bilder und Vorstellungen davon, wie Männer vermeintlich sind und
- das Handeln von Männern
Diese drei Ebenen werde ich im Folgenden erläutern, um dann darauf zu kommen, warum es eine gute Idee ist, sich kritisch mit Männlichkeit auseinander zu setzen.
Männlichkeit: Privileg im Geschlechterverhältnis
In der Gesellschaft, in der wir leben, herrscht ein binäres und relationales Geschlechtersystem. Es wird davon ausgegangen, dass es nur genau zwei Geschlechter gibt (Mann und Frau). Diese Einteilung wird spätestens nach der Geburt anhand körperlicher Merkmale vorgenommen und gilt als unveränderlich. (Inter*4 Menschen, bei denen diese Einteilung nicht einfach aufgrund der Geschlechtsmerkmale vorgenommen werden kann, werden gewaltsam in dieses System eingeordnet, was häufig mit Zwangsoperationen und medizinischer Folter einhergeht5).
Den zwei anerkannten Geschlechtern werden bestimmte Eigenschaften, Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Bedürfnisse zugeschrieben. Diese Sets gelten als „richtig“ männlich oder „typisch“ weiblich. Männlichkeit und Weiblichkeit werden dabei als Gegensätze gedacht. Männlichkeit wird zentral darüber definiert nicht-weiblich zu sein.6
In dieses System sind wir alle eingebunden. Wir können nicht einfach heraustreten oder beschließen, dass das mit uns nichts zu tun hat. Es verschafft uns einen bestimmten Platz in der Gesellschaft, der mit mehr oder weniger Zugang zu Ressourcen und Status ausgestattet ist (Privilegien/Diskriminierung). Im binären Geschlechterverhältnis sind Männer und Männlichkeit Frauen und Weiblichkeit übergeordnet. Als Mann habe ich im Geschlechtersystem Privilegien, die anderen Geschlechtern nicht offen stehen. Diese sind stark abhängig von anderen Zugehörigkeiten und Positionierungen, wie zum Beispiel Bildungsgrad, Staatsangehörigkeit, Behinderung, Race, sexuelle Orientierung, Religionszugehörigkeit, Alter,… Das Zusammenwirken und die Überschneidungen zwischen diesen Zugehörigkeiten und Positionierungen beschreibt das Konzept Intersektionalität.
In diesem Sinne ist Männlichkeit ein Problem. Ein Jahrhunderte lang währendes Patriarchat hat unsere Gesellschaft und die Institutionen in ihr so geprägt, dass Männlichkeit und Männer7 privilegiert werden, während alle anderen Geschlechter abgewertet werden. Männern wird mehr zugetraut, sie werden in Einstellungsgesprächen nicht gefragt, ob sie Kinderwünsche haben und dies möglicherweise ihrer Karriere und Jobtauglichkeit im Weg stünde, Netzwerke von Männern unterstützen andere Männer und verschaffen ihnen machtvolle Positionen, usw.
Gleichzeitig wird also als männlich geltendes Verhalten mit Zugang zu Ressourcen belohnt: Durchsetzungsfähigkeit, Souveränität, Dominanz sind klassische Eigenschaften, die mit Männlichkeit verbunden werden und (häufig) als Voraussetzung für das Erreichen machtvoller Positionen in gesellschaftlichen Institutionen, oder auch als cool und generell erstrebenswert gelten. Demgegenüber werden weiblich konnotierte Eigenschaften und Verhaltensweisen, wie Verletzlichkeit, Sensibilität oder ein Fokus auf Emotionalität und Beziehung, abgewertet.
Männlichkeit: Bilder und Anforderung
Neben der hierarchischen Position im Geschlechterverhältnis kann Männlichkeit (und analog Weiblichkeit) auch verstanden werden als Bilder und Vorstellungen, wie Männer sind bzw. sein sollten. Um das klar zu stellen: Es geht nicht darum, wie Männer tatsächlich sind, sondern um ein dominanzkulturelles Verständnis, wie Männer sein sollten.
Bewusst oder unbewusst sind wir alle mit Bildern konfrontiert. Menschen aller Geschlechter müssen sich mit diesen Geschlechterbildern auseinandersetzen. Sie begegnen uns einerseits als Erwartung bzw. Anforderung: Wer sich nicht „geschlechtstypisch“ verhält, muss mit Ausgrenzung und Abwertung rechnen. Andererseits liegt in ihnen auch eine Verlockung. Als (cis) Mann wird mir ein Versprechen gegeben (aber oft nicht eingehalten): mit der Erfüllung dieser Anforderungen bekomme ich Zugang zu Reichtum, Status, Privilegien, Frauenkörpern und (Hetero-)Sex, Macht, Unabhängigkeit, Umsorgung, usw.
Diese Bilder und Anforderungen werden gesellschaftlich produziert, reproduziert und gefördert. Es gilt als normal, dass Jungen sich prügeln, dass Mädchen gemeinsam aufs Klo gehen, dass ganze Spielzeugabteilungen in blau und rosa aufgeteilt werden, Männer Hosen und niemals Kleider tragen und Frauen immer reden wollen. Diese Bilder lernen wir in Filmen, Serien, in der Werbung, in Büchern und in Pornos. Wir sehen sie bei unseren Eltern, in der Familie, in Freund*innenkreisen. Dabei sind die Bilder nicht einheitlich; sie unterscheiden sich nach Kontext und Zeit.
Verbreitete Bilder von Männlichkeit sind (immer noch) in etwa so: Ein „richtiger“ Mann ist rational, mutig, stark, souverän, risikofreudig, unabhängig, analytisch, dominant, beschützend, potent, erfolgreich, heterosexuell, sexuell aktiv, usw. Ein „richtiger“ Mann hat Kontrolle.
Heterosexualität ausgenommen stehen diese Anforderungen konträr zu traditionellen Weiblichkeitsanforderungen. Als weibliche Eigenschaften gelten unter anderem: fürsorglich, umsorgend, einfühlsam, passiv, zurückhaltend, emotional, sensibel, empathisch, usw.
Besonders Bilder von Weiblichkeit und Frausein haben sich (unter anderem dank feministischer Kämpfe) erweitert.8 Es haben sich modernisierte Formen von Weiblichkeitsbildern und damit -anforderungen entwickelt. Ehemals männlich konnotierte Eigenschaften wie Souveränität, Kontrolle und Durchsetzungsfähigkeit sind heute auch Teil von Weiblichkeitsanforderungen. Frauen sollen heute alles schaffen und alles sein: die immer gut gelaunte Karrierefrau-Mutter-sexy Partnerin, durchsetzungsfähig im Job, liebend und fürsorglich bei den Kindern, Spaß am Sex haben (aber nicht mit zu vielen wechselnden Sexualpartner*innen) und immer wissen was frau will.
Auch Männlichkeitsbilder haben sich erweitert und vervielfältigt, allerdings weder in ähnlichem Maße wie Weiblichkeitsbilder, noch ist die Modernisierung hier nötig, um gesellschaftlichen Status zu erlangen. Männer, die sich um Kinder kümmern oder fähige Beziehungspartner sind, bekommen dafür viel Lob und Zuspruch. Es nicht zu sein, verletzt aber nicht ihre Männlichkeit und stellt ihr Mannsein nicht in Frage.
Männlichkeit als wandelbare Praxis
Männlichkeit ist also nicht einfach das, was Männer tun. Männlichkeit ist die Vorstellung davon, wie Männer angeblich sind. Diese Vorstellungen sind aber wandelbar. Sie verändern sich unter anderem dadurch, wie Männer tatsächlich handeln. Noch vor 50 Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass ein weißer heterosexueller cis Mann aus der Mittelschicht zuhause bleibt, um sich um Kinder zu kümmern. Heute ist das möglich, weil genug (mit Macht ausgestattete) Männer sich so verhalten9 – auch wenn es immer noch wenige Männer sind und die Sorgearbeit weiterhin maßgeblich von Frauen erledigt wird. Dennoch liegt hier das Veränderungspotential. Wenn wir neu definieren, was Männlichkeit bedeutet, und Bilder und eine Praxis entwickeln, die sich nicht durch Dominanz und Kontrolle (über sich selbst, über andere Männer, aber besonders über andere Geschlechter) definieren: Könnte das nicht zu einem besseren Leben für alle führen?
Diese Dreiteilung in Männlichkeit als (1) Position im Geschlechterverhältnis, als (2) Anforderung und als (3) Praxis ist der Versuch, etwas Klarheit zu schaffen, worüber wir gerade sprechen. Tatsächlich sind diese Ebenen vielfach miteinander verquickt. Es ist auch der Versuch zu verdeutlichen: Männlichkeit ist nicht einfach mit Männern gleichzusetzen. Männlichkeit ist auch nicht einfach durch einzelne Männer zu verändern. Veränderungen sind immer kollektive Prozesse. Und auch darum geht es mir: Inwiefern kann das individuelle Handeln gesellschaftliche Strukturen beeinflussen? Wo müssen wir ansetzen, um hierarchische, gewaltvolle und binäre Geschlechterverhältnisse anzugreifen? Wo lässt sich ansetzen, um das eigene Leid zu verringern?
Kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit10: Warum eigentlich?
Männlichkeit – und darüber hinaus das Geschlechterverhältnis, in dem wir im Moment leben – steht einem guten Leben für alle im Weg. Warum eigentlich? Warum sollen wir uns kritisch mit Männlichkeit auseinandersetzen?
Für Männlichkeit als Position im Geschlechterverhältnis ist die Antwort wohl offensichtlich. Die hierarchische Überordnung von Männlichkeit über Weiblichkeit, von Männern über Frauen, trans* und inter* Personen, führt zu Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt, zu einer schiefen Verteilung von Macht und Ressourcenzugängen. Mit einem guten Leben für alle hat das nichts zu tun. Männlichkeit und mit ihr das hierarchische und binäre Geschlechterverhältnis müssen abgeschafft werden.
Warum aber ist Männlichkeit als Bild und damit als Anforderung ein Problem? Was ist denn falsch daran, zum Beispiel stark und durchsetzungsfähig zu sein?11
Mir ist wichtig zu sagen: die meisten der genannten Eigenschaften, egal ob als „männlich“ oder „weiblich“ markiert, sind nicht prinzipiell schlecht (Gewalt ausgenommen). Es ist zum Beispiel toll, mutig und souverän zu sein, einfühlsam und beziehungsorientiert zu sein. Schwierig wird es dadurch, dass wir je nachdem, welches Geschlecht uns zugewiesen wird, bestimmte Anforderungen erfüllen müssen, um nicht abgewertet zu werden, und entsprechend andere Eigenschaften und Verhaltensweisen vermeiden und verlernen müssen. Es stehen nicht alle Eigenschaften, Vorlieben und Verhaltensweisen allen Geschlechtern offen. Männer sollen beispielsweise immer stark, souverän und kontrolliert sein. Das wird keiner Person in ihrer Vielfältigkeit, ihren unterschiedlichen Bedürfnissen, Wünschen und Stimmungslagen gerecht. Mit dem Erlernen dieser Eigenschaften werden außerdem andere aktiv verlernt, bzw. gar nicht erst erworben.
Ein Beispiel: Ein zweijähriger Junge hat meist einen unmittelbaren Zugang zu seinen Gefühlen und weint, wenn er traurig ist. Schon ein paar Jahre später wird er häufig ausgelacht oder anderweitig sanktioniert, wenn er weint. Der Zugang zum eigenen Gefühl und die Fähigkeit es auszudrücken wurden aktiv verlernt. Die Kompetenz über Gefühle zu reden wurde erst gar nicht erworben.
Männlichkeit wird zudem zentral hergestellt durch die Abwertung von Frauen, trans* und inter* Personen. Ebenso wichtig ist aber die Herabsetzung anderer Männer. Männer stehen in ständiger Konkurrenz zueinander. Es geht darum, der bessere Mann zu sein. Bereits im Kindesalter wird Hierarchie unter Jungen erlernt. Wer hält mehr Schmerzen aus, ist risikofreudiger, stärker oder eloquenter? Später dann: Wer hat mehr Sexualpartner*innen, verdient mehr Geld oder (in bestimmten Szenekreisen) ist reflektierter? (Beziehungsweise: Wer kann die Codes der kritischen Auseinandersetzung besser vorbeten?) Pierre Bourdieu nennt das „die ernsten Spiele des Wettbewerbs“, die von Männern in Männergruppen „gespielt“ werden. Frauen und andere Geschlechter sind hier nahezu unwichtig. Laut Bourdieu dienen Frauen maximal als „schmeichelnde Spiegel“, die Männern dazu dienen sich selbst noch verstärkt wahrzunehmen.12
Es gibt Gründe, warum sich Männer nach diesen Anforderungen richten. Neben der Angst vor Abwertung ist die Verlockung ihnen nachzueifern groß, stecken doch die oben erwähnten Versprechen darin. Allerdings geht das mit Kosten einher.
Durch die Abwertung und Abspaltung von sogenannten weiblichen Eigenschaften entsteht jedoch auch ein riesiger Mangel an Wissen und Fähigkeiten. Die Fähigkeit zu umsorgen, zärtlich zu sein, Empathie für sich und andere zu empfinden, fürsorglich zu sein, die eigenen Emotionen zu spüren und darüber zu sprechen, sich Hilfe zu holen, eigene Grenzen wahrzunehmen, … Die Folgen sind gravierend: Sie reichen von Einsamkeit und Depressionen bis hin zu einer durchschnittlich kürzeren Lebenserwartung. Viele Männer meines Alters (Mitte 30) leiden vor allem unter der Unfähigkeit emotional nahe und gute Beziehungen zu führen. Mit solchen Formen von Männlichkeit verletzen Männer sich selbst und einander. Ganz besonders aber leiden Frauen und nicht-binäre, trans* und inter* Personen unter diesen Bildern von Männlichkeit. Als heterosexueller Frau bleiben mir nahe Beziehungen ob der emotionalen Unfähigkeit meiner Partner verwehrt. Nicht nur das, Männlichkeit ist für alle anderen Geschlechter potentiell tödlich. Nur ein Beispiel: Alle 29 Stunden versucht ein Mann in Deutschland eine Frau zu töten (meist eine Partnerin oder Ex-Partnerin), alle 78 Stunden gelingt es einem.13
Und das gilt es zu ändern.
Bei der kritischen Auseinandersetzung mit Männlichkeit geht es darum, Gewalt und Diskriminierung abzubauen. Es geht darum, das binäre und hierarchische Geschlechterverhältnis abzuschaffen. Und es geht darum, die individuellen Freiheiten aller zu erweitern, darum, dass allen alle Eigenschaften und Verhaltensweisen offen stehen, egal, welches Geschlecht ihnen zugewiesen wird. Wohlgemerkt geht es hier um Eigenschaften, die die Freiheiten der anderen nicht beschränken, also nicht gewaltvoll oder unterdrückend und ausbeutend sind. Es geht darum, wie Adorno sagt, ohne Angst verschieden sein zu können.14
Und hierfür brauchen wir eine kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit. Eine kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit bedeutet, diese Strukturen zu erkennen. Wir wollen ein schöneres Leben, ein herrschaftsfreieres Leben für alle Menschen. Um das zu erreichen, müssen sich Männer (und andere) kritisch mit Geschlechterverhältnissen auseinandersetzen.
Für Männer bedeutet das einerseits, die eigenen problematischen Verhaltensweisen zu betrachten, die Privilegien und Kosten zu erkennen und zu versuchen, ein Verhalten fern von Gewalt und Ausbeutung zu lernen (soweit das individuell möglich ist).
Das heißt andererseits und ganz zentral andere Geschlechter in ihrem Kampf zu unterstützen. Häufig gerät die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Männlichkeit zu einer Bauchnabelschau, die zwar das eigene Leiden, die eigenen Kosten und die Problematik, die sich durch Männlichkeitsbilder ergibt, versteht, die aber gleichzeitig das Leiden der Anderen vergisst.
Und hierum geht es in diesem Magazin. Gemeinsam wollen wir voran stolpern in unserem Bemühen, es besser zu machen. Wie das genau geht? Um mit dem Männlichkeits-Experten Olaf Stuve zu sprechen: „Wer soll das denn wissen? Wir wissen es alle nicht. Wir machen eine Wette auf die Zukunft.“15
1 Nachzuhören hier: https://www.dissens.de/podcast
2 Gillette Werbung “We Believe: The Best Men Can Be” veröffentlicht im Januar 2019
3 Vielen Dank an all die tollen Menschen, mit denen ich diese Themen diskutieren und weiterdenken kann. Vielen Dank besonders an die fantastische Sarah Klemm, deren hilfreiche, kluge und kritische Anmerkungen und Gedanken mich wie immer gleichzeitig beflügeln und auf den Boden der Tatsachen holen
4 Inter* sind Menschen, die mit Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale geboren werden. Das heißt, sie haben angeborene genetische und/oder anatomische und/oder hormonelle Geschlechtsmerkmale, die nicht den medizinischen Normen von Mann und Frau entsprechen.
5 Für mehr Informationen siehe z.B. https://oiigermany.org/.
6 Weiblichkeitsvorstellungen dagegen können sehr wohl Eigenschaften beinhalten, die traditionell Männlichkeiten zugerechnet werden. Auch das hat mit sexistischen Abwertungen zu tun und damit, dass als männlich verstandene Eigenschaften im Gegensatz zu als weiblich gelesenen Eigenschaften als erstrebenswert gelten oder belohnt werden. Dazu schreibt Katharina Debus unter dem Stichwort „Modernisierte Weiblichkeitsanforderungen“ zum Beispiel in ihrem Text „Und die Mädchen?“ in Dissens e.V. & Debus, Katharina/Könnecke, Bernard/Schwerma, Klaus/Stuve, Olaf (2012) (Hrsg.): Geschlechterreflektierte Arbeit mit Jungen an der Schule. Texte zu Pädagogik und Fortbildung rund um Jungen, Geschlecht und Bildung, Berlin, S. 103-124 http://www.jungenarbeit-und-schule.de/material/abschlusspublikation/
7 Diese Privilegien gelten in erster Linie für cis Männer. Trans* und inter* Männer haben (bei ausreichendem Passing) einige dieser Privilegien, sind allerdings gleichzeitig vielseitig diskriminiert beispielsweise durch Cis- und Endosexismus.
8 Mit der Erweiterung von Weiblichkeitsbildern geht leider auch eine Erweiterung der Anforderungen einher. Katharina Debus fasst den modernen Anforderungskatalog unter dem Begriff „Allzuständigkeit“ zusammen, womit gemeint ist, dass sich neben einer Vervielfältigung der Möglichkeiten auch der Druck auf Frauen und Mädchen gewachsen ist. Mehr dazu in „Und die Mädchen!“ in: Dissens e.V. & Debus, Katharina/Könnecke, Bernard/Schwerma, Klaus/Stuve, Olaf (2012) (Hrsg.): Geschlechterreflektierte Arbeit mit Jungen an der Schule. Texte zu Pädagogik und Fortbildung rund um Jungen, Geschlecht und Bildung, Berlin, S. 103-124
9 Und weil genug feministische, gleichstellungsorientierte Menschen dafür gekämpft haben.
10 Im Titel steht „kritische Männlichkeit“, was eine im Moment viel verwendete Kurzform von „kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit“ ist. Der Begriff wird viel verwendet und taucht deshalb auch hier auf, ergibt aber wortwörtlich verstanden wenig Sinn. Was soll eine kritische Männlichkeit sein? Eine Männlichkeit, die kurz vor dem Kollaps steht? Oder Männlichkeitseigenschaften, die sich durch Kritik auszeichnen?
11 Die problematische Seite von als männlich geltenden Eigenschaften und einer männlichen Sozialisation wird zur Zeit häufig unter dem Stichwort „toxische Männlichkeit“ verhandelt. Mehr dazu im Text „Toxische Männlichkeit – Ein problematisches Konzept?“ in dieser Ausgabe
12 Pierre Bourdieu (1997): „Die männliche Herrschaft“
13 Analyse&Kritik: „Alle 45 Minuten wird Frau Opfer von versuchter oder vollendeter schwerer Körperverletzung.“
14 Theodor W. Adorno (1951): „Minima Moralia“
15 Podcast „Alles für alle! Im Dissens mit den herrschenden Geschlechterverhältnissen“ https://www.dissens.de/podcast
Ulla Wittenzellner arbeitet seit vielen Jahren forschend und (sich selbst und andere) bildend zu Geschlechterverhältnissen und verzweifelt regelmäßig an ihnen. Mal mit Freude, mal mit Wut versucht sie, der Gesamtscheiße etwas entgegenzusetzen.
Ulla Wittenzellner ist Teil des Boykott Redaktionsteams